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Aktuelles

27.01.2021 | Beschluss des SPD-Kreises Wandsbek

Arbeit digital denken

Arbeit digital denken: Schutz und Förderung in einer sich ins Digitale wandelnden Arbeitswelt

Die SPD bekennt sich zum Schutz und zur Förderung aller Arbeitnehmer*innen in einer sich ins Digitale wandelnden Arbeitswelt. Dabei glauben wir an die positiven Effekte dieser Veränderungen für Arbeitnehmer*innen und gestalten diesen Wandel, aufbauend auf bestehenden Ansätzen in vielen Betrieben, aktiv mit. Digitale Arbeit ist hier als orts- oder zeitunabhängige Arbeit zu verstehen. In der Umsetzung der in diesem Antrag formulierten Forderungen sind zunächst besonders betroffene Branchen zu betrachten.

Zum Schutz der Arbeitnehmer*innen halten wir folgende Maßnahmen für notwendig:

  • Jede Arbeitszeit muss erfasst werden. Dafür muss das Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur verpflichtenden Arbeitszeiterfassung zeitnah umgesetzt werden. Dies schließt auch flexible Arbeitsformen, wie Heimarbeit oder mobile Arbeit mit ein.
  • Zur Einhaltung der Arbeitszeit - und damit auch ihrer korrekten Erfassung - müssen auf Betriebsebene verpflichtend entsprechende Instrumente beschlossen werden.
  • Für Arbeitnehmer*innen wird klar zwischen “Mobiler Arbeit” und “Heimarbeit” unterschieden. Das gesetzliche Mindestmaß zur Einordnung als Heimarbeit muss 25% der wöchentlichen Arbeitszeit betragen. Bei Heimarbeit ist vom Arbeitgeber ein, an den Arbeitsschutzrichtlinien ausgerichteter, Heimarbeitsplatz einzurichten. Die Tarifpartner können abweichende Regelungen treffen.
  • Die durch die Heimarbeit entstehenden Kosten sind vom Arbeitgeber zu tragen. Eine Betriebsvereinbarung regelt genaueres.
  • Leistungs- und Verhaltenskontrolle bei der Durchführung digitaler Arbeit ist unzulässig und sie ist zu verhindern.
  • Arbeitnehmer*innen müssen zur Wahrnehmung ihrer Rechte unterstützt werden. Betriebsräte sind dafür ein geeignetes Instrument. Die SPD bekennt sich zur Mitbestimmung von Betriebsräten und motiviert Arbeitnehmer*innen, sich in diesen zu engagieren.
  • Das Betriebsverfassungsgesetz ist veraltet und muss in der nächsten Legislaturperiode modernisiert und damit an die digitale Arbeitswelt angepasst werden. Beispielsweise müssen die Voraussetzungen geschaffen werden, dass Betriebsräte Beschlüsse digital fassen und Betriebsversammlungen auch als Videokonferenz stattfinden können und als Arbeitszeit gewertet werden.
  • Arbeitgeber sind verpflichtet Arbeitnehmer*innen über die Möglichkeiten der digitalen Arbeit im jeweiligen Betrieb zu unterrichten. Arbeitnehmer*innen sind im Zusammenhang mit digitaler Arbeit vor Diskriminierung - insbesondere aufgrund ihrer Fähigkeiten - zu schützen.

Zur Förderung der Arbeitnehmer*innen halten wir diese Maßnahmen für erforderlich:

  • Die SPD möchte es möglichst vielen Arbeitnehmer*innen ermöglichen ihren Arbeitsort selbst zu wählen. Ein gutes Instrument hierfür ist das Recht auf Home-Office, für das sich die SPD stark macht.
  • Die SPD bekennt sich zum lebenslangen Lernen. Die Ausbildung in digitalen Werkzeugen und Fähigkeiten muss Teil der Aus- und Weiterbildung von der Kindheit bis zum Ende des Berufslebens sein. Dafür müssen technische Standards definiert und notwendige Fähigkeiten festgelegt werden. Dies möchten wir voranbringen.
  • Hierzu soll es analog zur Bundeszentrale für politische Bildung eine “Bundeszentrale für digitale Bildung” Diese Bundeszentrale kann sowohl Standards setzen als auch Lehrmaterial zur Verfügung stellen.
  • Das Bildungsurlaubsgesetz mit den zu gewährenden Freistellungen für digitale Fähigkeiten muss entsprechend überprüft werden.
  • Die Möglichkeit, das heimische Arbeitszimmer steuerlich abzusetzen, soll vereinfacht werden, etwa in Form einer Homeoffice-Pauschale. Damit möchten wir mehr Arbeitnehmer*innen ermutigen, ihren Arbeitsort selbst zu wählen.
  • Unternehmen werden bei den nötigen Transformationsprozessen finanziell gefördert. Dies gilt sowohl für die nötige Infrastruktur als auch für die Weiterbildung der Arbeitnehmer*innen.
  • Die Risikobranchen für Hamburg sind zu identifizieren. Dies sind Branchen, die zeitnah von einem Umbruch betroffen sind. Dafür gibt der Senat eine entsprechende Studie in Auftrag.
  • Die SPD betrachtet einen Zugang zu schnellem Internet weiterhin als Grundversorgung.Der Arbeitskreis soll auf Landesebene fortgeführt werden.

Begründung

Mit dem Anrollen der Corona-Pandemie befanden sich plötzlich zahllose Arbeitnehmer*innen im Home-Office wieder. Während dies für einige Arbeitnehmer*innen problemlos möglich war und ist, sehen sich andere Arbeitnehmer*innen mit Hindernissen oder sogar Diskriminierung konfrontiert. Die Ausnahmesituation durch die Corona-Pandemie ist dabei „nur“ ein Katalysator eines langfristig anhaltenden und schneller werdenden, digitalen Wandels der Arbeitswelt. Die SPD als progressive Partei der Arbeit gestaltet diesen Wandel aktiv zum Positiven.

Die SPD richtet ihr Handeln dafür an mündigen Arbeitnehmer*innen aus. Zur Umsetzung der notwendigen Maßnahmen ist sich die SPD außerdem der wichtigen Rolle der Arbeitgeber bewusst, nimmt diese in die Pflicht und bietet Unterstützung. Zudem sollen auch Arbeitnehmer*innen durch mehr Angebote zur Weiterbildung in die Lage gebracht werden, sich proaktiv mit den neuen Gegebenheiten vertraut zu machen. Die SPD weiß um die Vielfalt der Digitalisierung der Arbeitswelt. Wir halten daher für diesen Antrag die Regelungsebene der Branchen bzw. Betriebe für sinnvoll. Zwei Handlungsfelder öffnen sich für die Gestaltung des digitalen Wandels aus Sicht der Arbeitnehmer*innen:

  1. Der Schutz vor den negativen Auswirkungen orts- und zeitunabhängiger Arbeit durch die Sicherstellung fundamentaler Rechte.
  2. Die Förderung zur Partizipation an neuen Arten zu Arbeiten und neuen, digitalen Werkzeugen – ein Leben lang.

Dem Handlungsfeld „Schutz“ liegen Risiken für Arbeitnehmer*innen zu Grunde. Dazu gehören – nicht abschließend – die vermehrte Arbeit an PC und Laptop, flexible Arbeitszeiten, Ortsunabhängigkeit von Arbeit, Überwachbarkeit digitaler Tätigkeiten sowie etwas allgemeiner Sprach- und Bildungsbarrieren. Risikobehaftete Tätigkeiten finden sich in Verwaltungs- und Sachbearbeitungsaufgaben, spezifisch in Personalarbeit oder Buchhaltungstätigkeiten, in der Softwareentwicklung oder in digitalen Dienstleistungen wie Design, Lektorat, Übersetzungen oder dem Texten. Natürlich treten diese mit zunehmender Automatisierung ebenso in handwerklichen oder industriellen Berufsfeldern auf. Branchen wie das Finanzwesen, der Handel oder die Informationstechnologie sind besonders betroffen.

Basierend auf den genannten Risiken sind Instrumente zum Schutz der Arbeitnehmer*innen, zur Qualität des Arbeitsplatzes und zur Teilhabe zu definieren. Schutzinstrumente gelten der Arbeitszeit, der Arbeitszeiterfassung, der Arbeitszeit-Einhaltung, der Nicht-Erreichbarkeit bzw. den Ruhezeiten sowie der klaren Abgrenzung von Heim- und mobiler Arbeit. Gläserne, dauerhaft überwachte Arbeitnehmer*innen dürfen nicht möglich sein. Die Qualität des Arbeitsplatzes lebt vom Ausstattungsniveau und allgemein der Arbeitssicherheit unabhängig vom festen Arbeitsplatz. Teilhabe wird insbesondere durch Förderung sichergestellt, drückt sich allerdings ebenso in Anti-Diskriminierungsmaßnahmen aus. Als Schutzschirm für wehrhafte Arbeitnehmer*innen ist die Betriebsverfassung essenziell. Dazu gehören gewählte Betriebsräte unter modernisiertem Betriebsverfassungsrecht und Einbezug digitaler Entscheidungsmöglichkeiten. Alle Arbeitnehmer*innen sollen am digitalen Wandel der Arbeitswelt partizipieren und davon profitieren können. Dies bedeutet eine Zunahme der zu vermittelnden Bildungsinhalte in der Zukunft. Arbeitnehmer*innen müssen bei veränderten Arbeitsprozessen, Arbeitsbeschreibungen und sich ändernder rechtlicher Grundlagen stets auf dem aktuellen Stand sein. Wie Kindern muss es erwachsenen Menschen möglich sein, sich zu diversen Themen weiterzubilden, unabhängig von der beruflichen Situation. Diese Lerninhalte müssen koordiniert sowie einheitliche Standards gesetzt werden. Es gibt bereits derzeit Arbeitgeber*innen, die viel in die Weiterbildung ihrer Mitarbeiter*innen investieren. Es darf jedoch nicht davon abhängen, für wen man arbeitet, ob man eine gute Förderung erhält oder nicht. Die SPD möchte dies unabhängig vom Bildungsgrad oder finanziellen Mitteln ermöglichen. Hierzu ist eine neu einzurichtende Institution – eine Bundeszentrale für digitale Bildung – erforderlich. Neben der Koordinierung sollte die Bundeszentrale für digitale Bildung selbst Angebote erstellen, die Lehrende und Lernende nutzen können. Das können beispielsweise kleine Videos, Podcasts, Webinare oder auch Bücher sein. Wer künftig vermehrt von zu Hause arbeitet, soll die dadurch entstehenden Kosten für Strom, Wasser, Heizung, Internetzugang oder Anschaffungen für das Arbeitszimmer leichter steuerlich absetzen können. Die den Arbeitnehmer*innen entstehenden Kosten – die die Arbeitgeber dagegen einsparen – sind nicht unerheblich. Diese Einsparung muss der Arbeitgeber an die Arbeitnehmer weitergeben. Außerdem befürwortet die SPD eine Homeoffice-Pauschale analog zur Pendlerpauschale. Unternehmen, die sich proaktiv digital neu aufstellen wollen, sollen für diese Veränderung staatliche und steuerliche Förderung erhalten. Dies unterstützt mittelständische und kleine Handwerksbetriebe in der Vorbereitung auf die neuen Herausforderungen, in dem sie in digitale Infrastruktur und in die Köpfe ihrer Mitarbeiter*innen investieren. Um die digitale Teilhabe sicherzustellen und niemanden von neuen Arbeitsmöglichkeiten auszuschließen, muss allen Menschen uneingeschränkter Zugang zum Internet gewährt werden. Deshalb setzt sich die SPD für Zugang zu schnellem Internet als Teil der Grundversorgung ein.